voriges GedichtZum Dichternächstes Gedicht

NESSELSEIDE

Wer will sich Roß und Wagen schirrn,
Daß ihn ein Wurzler leide?
Der Gärtner runzelt seine Stirn,
Denn zu der Gattung Teufelzwirn
Zählt auch die Nesselseide.

Sie rankt in Rot, sie minnt geschwind,
Der Keimling hat nur Tage,
Daß er den Lebenshalter find
Und sich um seinen Stengel wind,
Als Gast und Dauerplage.

Ist gut die Wahl und stark der Wirt,
Ist dauerhaft die Minne,
Doch wenn das Leben dem entschwirrt,
Hat auch der Parasit geirrt
Im frühesten Beginne.

Das Pflanzenreich wahrt Friedensschein,
Knickt hier der Leu die Dornen,
Hier hört man keine Opfer schrein,
Hier sind verschattet Ja und Nein,
Und grün sogar die Nornen.

So scheints dem Aug, das sich erkennt
Im allerhöchsten Range,
Doch wenn uns einst der Himmel brennt,
Und niemand mehr die Namen nennt,
So streitets hier noch lange.