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Aus »Waldeinsamkeit«. Gedichte 2008   Vers 31152 bis 31195

OPHELIA


Nach Georg Heym

I



Das Mädchen, das sich dem Verfließen breitet,
Geschwisterlich den Aalen und Reptilen,
Trat in die Schar, mit der die Dichter spielen
Und deren Traum die Dämmerstimmung weitet.

Wo Hamlet schweigt und um den Pudel schreitet,
Stürzt dieser Klang herab in Bilder-Silen,
Man findet ihn in Bingen und in Bielen,
Auch Hirschbergs Sänger früh die Fabel leitet.

Ob er bei Farn und Kraut in Dunkelheit
Prophetisch seine eigne Nacht erträumte,
Im Strom der Stadt ein losgerißnes Scheit?

Oder gar sah wie der Statist sich bäumte,
Da alles starrt den Dämon eisger Zeit,
Den er benannte und dann ganz versäumte?


II

Im Wellenspiel der Havel leis erzittern
Die Gräser wie Ophelias blonde Haare,
Wo alles horcht, was sie da offenbare,
Da raunte wer vom schauerlichen, bittern.

Die scheuen Rehe, die am feinsten wittern,
Sahn den Tornado nahn im Flug der Stare,
Und in den Nächten führten sie die Mahre
Auch nach Verdun, wo sie Granaten splittern.

Der schwere Nebel auf dem Pflaster kroch,
Sie sahen schon den Feuerdrachen speien
Und in der Zukunft nur ein schwarzes Loch.

Sie sehnten sich nach Dunkel und Verzeihen
Im Rasen, wer zuerst den Gifttrank koch,
Und suchten Ruh aus dem Gestöhn und Schreien.


III

Die Tote gleitet weich und weiß im Dämmer,
Durch Brücken, die gespannt nach Eiffels Muster,
Sie schwillt und flieht dem Licht und dem Verkruster,
Und achtet nicht, wer da an Nieten hämmer.

Im Wasser spiegeln sich des Himmels Lämmer,
Die Gärten sind ihr fremd, da blüht Liguster,
Ein Lied, gesummt in traumhaft unbewußter
Gefährdung, führt sie in den Kreis der Schlemmer.

Fürs Aufblühn da im grünen Wellenbett
Brauchts keine Deuter und auch keine Schulen
Und auch der Klügste macht das Kraut nicht fett.

Jedoch den Dichter und den Somnanbulen
Begrüßt Ophelia häuftig im Sonett
Mit Kirkes Weide und Athenes Uhlen.