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Aus »Punisches Lied. Tragödie«.   Vers 48890 bis 48965

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Dido, Venus.

DIDO: Das furchtbare Gemetzel, das mein Meier
Und Steuermann mir plastisch und voll Leben
Geschildert ohne Trostgebet und Leier,
Muß meiner Kühnheit sehr zu denken geben.
Ich bin erschöpft und will ein bißchen ruhen
Im Schatten dieser fruchtbeladnen Feige,
Zwar wäre viel zu richten und zu tuen,
Doch dieser Tag geht ohnehin zur Neige.
(Sie legt sich unter den Baum. Es wird dunkel.)

VENUS (im Mondlicht):
Wer hart sich bettet unterm Feigenbaume,
Ist wert, daß sich die Liebe selbst erbarme,
Für solche bin ich leiblich da im Traume
Und nehme sie in meine weichen Arme.

DIDO: Was führt die Hohe in bescheidnen Garten,
Was mischt sie meinem Traume ihre Stimme.

VENUS: Ich habe mir erlaubt, euch aufzuwarten,
Da mir die Feindin arg in ihrem Grimme.
Mein Sohn Aeneas floh, da Troja brennend,
Mit dem Palladium huckepack den Vater,
Wo Kreusa, seinen Namen nicht mehr kennend,
Sich fortstahl in ein anderes Theater.
Ihn sehrte wund das Schwert des Diomedes,
Ders wagte, selbst an mir sich zu vergreifen,
Ich trug den Sohn zum Schatten des Geheges
Des Pergamus in einem Nebelreifen,
Den hauchte Phoebus dicht um Sohn und Mutter,
Daß dann Diana und die Palmenfrohe,
Den Wunden pflegten, der nun hell wie Butter,
Da abfiel alles Grindige und Rohe.

DIDO: Ist Troja, das belagerte, gefallen?
Wie kams zu dieser unverhofften Wende?

VENUS: Die Griechen und Ulixes, frech vor allen,
Sie reiben sich in Kumpanei die Hände.
Erst holten sie von Herkules den Bogen
Mit Philoktet, der ihn gewann vor Zeiten,
Dann sind sie listig scheinbar abgezogen,
Zurückblieb nur ein Roß in den Gebreiten.
Das Roß schien hehr dem Laomedoniden,
Von Holz sollt es den Himmlischen gefallen,
Und Troja nahms und wähnte sich im Frieden,
Doch Diomed erhob daraus die Krallen.
Er öffnete mit seinen Spießgesellen
Die Tore, die nur schwach bewacht, von innen,
Die Griechen konnten uns im Schlafe stellen,
Und mancher starb, bevor es tagt, im Linnen.
Der Morgen sah das Blut in allen Gassen,
In Troja, das man einst das goldne nannte,
Versperrten Weg und Flucht die Leichenmassen,
Und der Palast des Priamus, er brannte.

DIDO: Entkam Aeneas diesem wüsten Sterben,
Dem Feuer und der Stadt voll Schmerz und Jammer?

VENUS: Ich führte ihn aus Unheil und Verderben,
Und Jove stand mir bei mit seinem Hammer.
Denk Dido, diese List beschämt die Götter,
Ein Opferstück als Waffe zu gebrauchen,
Dies sind des Heilgen allerärgste Spötter,
Zu Pluto solln sie unbeweint verhauchen.
Mein Sohn ist nun, wie du einst, auf dem Meere,
Und Stürme spielen Pingpong mit dem Guten,
Ich leid es nicht, daß er sich so verzehre,
Das Mutterherz hört nicht mehr auf zu bluten.

DIDO: Warum erfahr ich früher als durch Boten
Die Nachricht, die bedrückend jedem Lande,
Was kann ich tun für den vom Meer Bedrohten,
Wozu bin ich, ein schwaches Weib, imstande?

VENUS: Mein Sohn wird bald gepeinigt diesen Hafen
Erreichen, wo er Trost und Sorg erbittet,
Dann hütet ihn vor Kriegern und vor Sklaven,
Als ob ihr wie die Mutter für ihn strittet.

DIDO: Ich will gern tun was not und was gefällig,
Ich sende Timon gleich hinab zum Kaie,
Er sah den Helden hehr und sehr gesellig,
Ihm wird es leicht, daß er der Pfleg zu weihe.

VENUS: Erwacht nun, doch ich werde wiederkehren,
Wenn ihr den Sohn enthobt von allem Argen,
Und haltet ihr mein Augenlicht in Ehren,
So werde ich mit Gaben niemals kargen.
(Venus entschwindet, es wird rasch hell.)