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Aus »Medea. Tragödie«.   Vers 51875 bis 51947

DRITTER AUFZUG. ZWEITE SZENE


Aietes, Arexe.

AIETES: Ich habs getan und habe mich ergeben
Nicht den Tyrannen, die am Blut sich weiden,
Ich opferte die Krone für das Leben,
Die Götter mögen wägen und entscheiden.

AREXE: O Herr, es war kein Wächter an der Pforte,
So trat ich ein als wärs die Bauernstube,
Verdrieß ich euch mit unverstelltem Worte,
So sagt es mir mit schonungslosem Schube.

AIETES: Ich hab die meisten Sitten aufgegeben,
Nicht nur um mir die Dienerschaft zu sparen,
Ich will mich nicht dem Volke überheben,
Denn seine Nöte auch die meinen waren.

AREXE: Von Not hab ich zu klagen manche Stunde,
Doch will ich gleich zum bittern Kern mich wagen,
Man sagt, die Skythen suchen jetzt gesunde
Und junge, sie als Beute fortzutragen.
Ich bitt euch, meinem Sohne zu ersparen
Die Sklaverei, zu der er nicht geboren,
Allein die Schur bei seinen vollen Haaren,
Bräch mir das Herz und machte mich verloren.

AIETES: Was soll ich tun, ihm Freiheit zu bescheren,
Ihr habt wohl auch gehört, daß leer die Truhe,
Ich halte eure Sorg in allen Ehren,
Doch seh ich nichts, das ich dagegen tue.

AREXE: Laßt ihn das Glück an fernen Ufern rufen,
Er ist wohl stark und weiß sich zu behaupten,
Es führen doch hinab die Lebensstufen,
Die uns bereitstehn im so lang Geglaubten.

AIETES: Wohin? Das ist doch immer nur der Westen.
Die Griecheninseln mit den stolzen Schiffen,
Dort lacht statt Freiheit, nur ein Trog von Resten
Für uns, hat ihn nicht sonstwer schon ergriffen.
Die Sklaverei ist hart und manchmal leichter,
Doch Freiheit ohne Gold ist die der Ratte,
Die Götter lachen solcher Träume Beichter,
Nur Torenhunger sucht den Weg ins Satte.

AREXE: Vielleicht ists töricht, aber abzuwarten
Scheint ärger als der Pfeilschuß hoch ins Blaue,
Verwüstet und verkommen liegt mein Garten,
Weshalb ich nun auf euer Mitleid baue.

AIETES: Wenn ichs erlaubte, wie will er bewegen
Sich übers Meer, hat Flügel er wie Greife?
Lang her ists, daß die Flotte hier gelegen,
Drum seh ich nicht den Weg, daß er entschweife.

AREXE: Es liegen Schiffe ohne Zahl am Hafen,
Ein Dutzend sah ich, doch das sind nicht alle,
Vor Jahr und Tag wir einst die Griechen trafen,
Ich hoff, sie führn den Sohn aus dieser Falle.

AIETES: Was Griechenschiffe? O die Götter säumen
Nicht lang, wenn sie erscheinen um zu schenken.
Ich sah die Wogen sich dem Opfer bäumen,
An Angriff oder Flucht ist nicht zu denken.
Seid ihr denn sicher, daß es Griechenschiffe?
Vielleicht sinds Lichte aus dem hohen Norden,
Auf daß der Retter meinen Stab ergriffe,
Zu enden das Verzagen und das Morden.

AREXE: Was hofft ihr an Veränderung von Griechen?
Sie werden abdrehn, gibt es nichts zu kaufen,
Die Flucht ist einzig Mittel, nicht zu siechen,
Denn diese Küste ist ein Abfallhaufen.
.
AIETES: Sprecht nicht so bös von euerm Vaterlande,
Ich hoffe nichts von Griechen, doch von Göttern,
Das Opfer schafft allein die Segensbande,
Und nie ein Heil kam her von bösen Spöttern.
Geht heim, ich werd euch königlich bescheiden,
Denn dieser Tag ist groß in meinem Leben,
Wer sich bezwang, den Götterspruch zu leiden,
Weiß Beßres als Erbetenes zu geben.

AREXE: Sei klug wer will mit diesem Rätselrate,
Doch seh ich wohl, daß ihr nicht umzustimmen,
So sei es, daß ich durch Moraste wate,
Und harr des Guten oder auch des Schlimmen. (Ab.)