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Aus »Medea. Tragödie«.   Vers 52073 bis 52225

DRITTER AUFZUG. FÜNFTE SZENE


Aietes, Kreusa.

AIETES (beim Betrachten des Vlieses):
Nun leuchtets nicht mehr auf die frohen Recken,
Der Thronsaal ist voll Staub und Spinngewebe,
Rings bräunlich wirds, so merke ich mit Schrecken,
Und allzuoft bemerk ich, daß ich klebe.

KREUSA: Der Dienermangel wäre zu verschmerzen,
Stünd eine Frau besorgt in diesem Hause,
Erzählt mir doch, wie gings mit euerm Herzen,
Bevor der Glanz geriet in eine Pause.

AIETES: Die erste Frau, wie soll ich sie beschreiben?
Sie kam mir wie der Thron wie zugeflogen,
Es schickte sich dem Prinz, sich zu beweiben,
Die Tradition hab ich nicht krummgebogen.
Sie starb, als sie gebar, des Reiches Trauer
War festlich, wie man tut in solchem Falle,
Dann sprach man mir, es schicke sich der Dauer,
Daß sich der Herrscher wiederum bestalle.
Auch war ein Erbe nicht geborn dem Throne,
Ich suchte diesmal lang nach einem Weibe,
Dann fand ich sie, ich meinte, daß es lohne
Daß sie mir leblang an der Seite bleibe.
Ein Junge kam, sehr zart und viel zu pflegen,
Die Mutter stritt um ihn mit seiner Schwester,
Ein Unheil hat bald in der Luft gelegen,
Und ein Gespinst zog seine Stricke fester.
Dann kam der Tag, sie waren ausgegangen
Zu zweit ans Meer und kamen nicht zum Mahle.
Am Abend war der Himmel schwarz verhangen,
Ein Sturm kam auf, der Blitz durchzuckt das Fahle.
Die Männer suchten überall mit Hunden,
Sie fanden dann Medea auf den Klippen,
Sie lag dort nackt und blutete aus Wunden,
Und angebrochen waren ihre Rippen.
Sie stammelte von Hexen und Dämonen,
Kein Wort zum Hergang war herauszukriegen,
Sie meinte auf dem Wolkenturm zu wohnen,
Und phantasierte tags und nachts vom Fliegen.
Absyrtus Mutter ward nie aufgefunden,
Tot nicht noch lebend, gab es keine Winke,
Drum fühl ich von der Eh mich nicht entbunden,
Dies bleibt bis ich den Trank Vergessens trinke.
Man munkelte schon damals Schurkereien,
Magie und Mord in finstern Ritualen,
Ich wollt mein Ohr nicht den Gerüchten leihen,
Doch die Geschmähte sparte nicht mit Qualen.
Sie stelle sich, als sei das Leid der Frauen
Die Schuld des Vaters, seiner Herzenshärte,
Sie zeigte ihr geschwundenes Vertrauen
Und jedem Lebensplane sie sich sperrte.
Als dann das Vlies ein Dämon riet zu schützen,
Bot ich ihr einen Turm für ihre Hilfe,
Es zeigte sich, daß Drachen keine Stützen,
Und sichrer lebt ein Entenpaar im Schilfe.
Drum soll das Vlies im Thronsaal uns erfreuen,
Und wirds von einem Frevler fortgetragen,
So wird es dieser Narr gewiß bereuen,
Weil sich im Traume uns die Götter sagen.

KREUSA: Den Prüfungen in euerm harten Leben,
Entspricht ein großes Heil in diesem Widder,
Doch kein Geschenk kann den Beschenkten heben,
Der nicht gebangt und nicht gelitten bitter.

AIETES: Daß Jason mir das Vlies hat heimgefahren,
Verdank ich wohl dem Vogelsang der Schönen?
Obwohl mein Ohr getrübt in Sturm und Jahren,
Hört es euch lieblich und verständig tönen.

KREUSA: Mein Vater lehrte mich die Kunst der Leier,
Und auch die Kunst, Gedanken leicht zu schichten,
Drum täuscht man mich nicht leicht mit einem Schleier,
Und läßt den Streit von meinem Wägen schlichten.

AIETES: Eur Vater war ein kluger Mann, sein Erbe
Beweist es, und er lebt in eurer Stimme,
Ich hinterlaß, wenn ich sehr bald schon sterbe,
Nur Kinder, die verröchelt sind im Grimme.

KREUSA: Des Vaters Güte ließ mich an euch denken,
Uns diese Fahrt ins Sagenhafte wagen,
Was noch verblieben, wollte ich euch schenken,
Denn in der Nacht vernahm ich eure Klagen.
Mein Vater starb, als er das Glück mir baute,
Er war als Fürst gerecht und unermüdlich,
Mir wars, als ob er euer Unglück schaute,
Mich heiß: Bezwing es hohen Muts und gütlich.

AIETES: Wenn Jason ich mit klarem Sinn verstanden,
So galt Medeas Anschlag euerm Haupte –
Wie kam das Ziel ihr solcherart abhanden,
Daß sie im Vater seine Tochter glaubte?

KREUSA: Sie brachte eine Krone, welche Feuer
Entfacht, wenn man sie auf den Träger bettet,
Sie sprach dem Vater, dieses Stück sei teuer
Und hätte gar schon manch Geschlecht gerettet.
Mir zur Verlobung solle er sie schenken,
Dies gäbe Fruchtbarkeit dem Ehebunde,
Sie dachte mich in dieser Weis zu henken,
Doch richtete den Vater sie zugrunde.
Dies kam, weil Jason meinte, eine Krone,
Zum Segen sei vom Vater erst getragen,
Daß in dem Gold Vernichtungsabsicht wohne,
Ward nie gehört in allen Menschentagen.
Als nun der Vater jammervoll verbrannte,
Ich schrie und fiel im Schocke auf die Dielen,
Die Mörderin, die lauschend mich erkannte,
Pries ihr Geschoß und das genaue Zielen.

AIETES: Eur Vaters Tod schmerzt mich in einer Weise,
Die nie ich kannt, wo mir doch viel geschehen,
Fast neide ich der Mörderin die Reise
Ins Land, wo solch ein großer Mann zu sehen.
Aus Fernen kommen meist nur dort Verbannte,
Glücksritter oder Gaukler und Verschwender,
Drum bleibt die Ferne uns das Unbekannte,
Denn nur der Schmutz besudelt Meeresränder.
Doch weiß Vernunft, daß überall die Winde,
Und überall die Fahnen darin flattern,
Drum blüht das Edle jeglichem Gesinde,
Und in den Sprachen nicht nur Enten schnattern.

KREUSA: Er gleicht in vielem eurem müden Auge,
Das, denk an Olvion, heftig weiß zu blitzen,
Nicht nur die Stirn, daß er zum König tauge,
Seh gleich ich unter euern Locken sitzen.
Ihr seid wie er vom Glauben tief durchdrungen,
Daß Götterdemut paar sich dem Verstande,
Drum atmen Volkes Not und Heil die Lungen,
Und keine Flause trennt euch von dem Lande.
Das echte Glück ist nicht ein eitles Haschen,
Es ist verwurzelt und es strebt zu tragen,
Es weigert sich den allzuvollen Taschen,
Und unbeschwert weiß Großes es zu wagen.
Ein Gut, das macht behäbig und verschlossen,
Ist keins für einen Geist, der sich zu heben,
Abtut, was katert, wenn es rasch genossen,
Und tötet, wenns das Innerste im Leben.

AIETES: Nach eurer Hymne auf mein armes Tasten
Wag ich mir, einen Antrag euch zu machen,
Ihr sollt, ihn zu bedenken, euch nicht hasten
Und auch den alten Narren nicht verlachen.
Ich sagt, daß euern Vater gern ersetzte
Mein Büßen für mißratner Tochter Wagen,
Drum wär vorm Tod die Bitte mir die letzte,
Euch Glorie meines Hauses anzutragen.
Ich würde euch sehr gerne adoptieren,
Ich wüßt dem Erbe keine treuern Hände,
Es würde mir den Herbst des Lebens zieren,
Wenn so das Land zu einer Mutter fände.

KREUSA: Ein großes Wort, und alles wär gelogen,
Würd ich an dem Gesagten etwas rütteln,
Es schiene mir als Schmeichelei gesogen,
Würd schreckhaft ich mit meinem Kopfe schütteln.
Ich dank euch, daß ihr so mein Leben ründet,
Und Vater sein wollt der, die kam von ferne,
Die Götter wußten wie mein Suchen mündet,
Doch allzuhell sind unserm Blick die Sterne.
Ein neues Heim wir wagten nicht zu hoffen,
Wir fuhren, daß die Schuld sei abgegolten,
Wer wahre Heilung will, hält Wunden offen,
Bis Götter übertreffen, was wir wollten.
(Sie fällt dem König um den Hals.)